Unternehmen wollen wachsen, um die eigene Wettbewerbsposition zu sichern und Marktchancen zu nutzen. Familienunternehmen müssen wachsen, um den reale Vermögenswert langfristig einer größer werdenden Familie zu sichern. Wie kann Wachstum in dem Spannungsfeld finanziert werden?
Krisen, Spannungen und Brüche prägen gegenwärtig das Umfeld für den deutschen Mittelstand. Davon unbeeindruckt setzen viele Unternehmen ihren Wachstumspfad durch die Erschließung neuer Märkte oder die Entwicklung neuer Produkte fort. Jedes Familienunternehmen sieht sich der Herausforderung konfrontiert, wie der nächste Wachstumsschritt finanziert werden kann, ohne dadurch seine unternehmerische Unabhängigkeit zu gefährden.
Bankkredit nach wie vor gefragt
Primärer Baustein und Fundament erfolgreicher Wachstumsfinanzierungen ist und bleibt die Innenfinanzierung auf Basis einer soliden Ertragskraft. Diese hat zuletzt nach Bundesbank-Berechnungen etwa zwei Drittel des Bedarfs finanziert. Reichen interne Mittel nicht aus, kommen weiterhin vor allem Bankkredite zum Einsatz. Aller Bankkrisen und alternativen Quellen zum Trotz, behaupten die Banken ihren hohen Anteil an der Unternehmensfinanzierung. Banken verfolgen seit Ende der Finanzkrise eine bewusst auf den Mittelstand ausgerichtete Unternehmenspolitik, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass das Firmenkundengeschäft von den Banken als eine noch verbliebene stabile Ertragssäule (wieder) entdeckt wurde. Die Unternehmen profitieren von einem vergleichsweise leichten Zugang zu Bankkrediten und von dem enormen Wettbewerbsdruck zwischen den Banken durch günstige Konditionen und meist flexible Lösungen. Doch wie lange geht das gut?
Auf der Angebotsseite der Finanzierung stehen Kreditinstitute, die seit Jahren mit einer chronischen Ertragsschwäche zu kämpfen haben und auf der Sache nach nachhaltig profitablen Geschäftsmodellen sind. Erschwert wird dies von der Nullzins-politik der Zentralbanken und deutlich erhöhten Regulierungserfordernissen. Sehr wahrscheinlich wird es daher über kurz oder lang zu einer partiellen Verknappung (bspw. als Folge von Fusionen) und Verteuerung insbesondere des Angebots an langfristigen Krediten kommen.
Verstärkte Investitionen in Digitalisierung
Auch auf der Nachfrageseite zeigen sich Entwicklungen, die auf eine Neuausrichtung der Finanzierung hinwirken. So wandelt sich gerade bei wachstumsstarken Unternehmen im Mittelstand der Finanzierungsbedarf. Zum einen steigt er deutlich wegen des dynamisch wachsenden Geschäftsumfangs und der steigenden Investitionserfordernisse. Zum anderen verschiebt sich seine Zusammensetzung, weil sich das Investitionsprofil ändert. Typisch, vor allem für produzierende Unternehmen, ist z.B. eine immer größere Bedeutung von Investitionen in „weiche“ Faktoren wie Forschung und Entwicklung oder Schulung und Fortbildung. Auch die Ausgaben für die Digitalisierung bspw. in Software werden überproportional steigen. Zudem fließen verstärkt Mittel in den Erwerb von Beteiligungen statt in den Ausbau eigener Kapazitäten. Dabei liegt ein besonderer Investitionsschwerpunkt im Ausland zur Sicherung der Präsenz in neuen Absatzmärkten.
Neue Ausrichtung der Finanzierung
In der Vergangenheit stütze sich die Bankfinanzierung neben der stabilen Ertragskraft auf die Besicherung des (im Inland) finanzierten Anlage- und Umlaufvermögens. Die zuvor skizzierten Investitionsschwerpunkte sind immer weniger über das traditionelle Muster der Bankfinanzierung darstellbar.
Die Konsequenzen liegen auf der Hand: mittelständische Unternehmen benötigen eine Neuausrichtung ihrer Finanzierungsstrategie.
- die Firmen benötigen insgesamt mehr finanziellen Spielraum, den Sie im Zuge der Umsetzung ihrer langfristigen Wachstumsstrategie flexibel für Sachinvestitionen, Zukäufe und FuE-Projekte nutzen können.
- Der Umfang der Liquiditätsreserve ist in Zeiten geopolitischer Instabilität und damit einhergehender Schwankungen im Geschäft neu zu definieren
- Firmen müssen angesichts erhöhter Investitionsrisiken einen höheren Anteil an Eigenkapital einbeziehen.
- Ihre Finanzierung muss vor allem langfristig ausgerichtet werden und
- sie wird einen internationalen Charakter bekommen.
Unternehmen tun gut daran, die Angebote bankalternativer Finanzierungen zu prüfen und den Zugang zu neuen Anbietern und Quellen zu suchen. Neben dem Kapitalmarkt haben zuletzt vor allem Versicherungen ihr Angebot im Rahmen ihrer Anlagestrategie erweitert, mit dem sie in gewissem Rahmen selbst als Darlehensgeber fungieren. Eine wachsende Zahl von Kreditfonds, die mit einem differenzierten Angebot in die Fremdfinanzierung von Unternehmen investieren, etwa in Form von Schuldscheindarlehen. Hinzu kommt die besonders stark wachsende Feld der sog. „Fintechs“, deren überwiegend spezialisierte Angebote mittlerweile auch für etablierte, mittelständische Unternehmen interessant werden, wenn gleich gerade in diesem Bereich noch enormes Verbesserungspotenzial liegt.
Besonders erfolgreiche Unternehmen zeichneten sich auch dadurch aus, dass sie frühzeitig ihre Finanzierung diversifiziert und dabei gleichzeitig auch ihren sich wandelnden Finanzierungsbedarf adäquat abdecken. Dabei können sowohl die traditionelle Bankfinanzierung als auch neue Quellen zum Einsatz kommen, wenn man diese intelligent miteinander kombiniert und in einen für alle Seiten guten Einklang bringt.